Mittwoch, 24. September 2014

Genscher mit Torte oder Das Dessert des Jahres

siam passion adlon graf von blickensdorfWährend ich, eine SMS tippend, durch die Halle des Hotel Adlons ging, stieß ich mit einem Mann mit sehr großen Ohren zusammen. Als ich hoch schaute, erkannte ich den ehemaligen Außenminister und Ex-Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher. Ich nuschelte eine Entschuldigungsfloskel, steckte mein Smartphone in die Seitentasche meines Burberry-Sakkos und schritt eilig zur Kuchenvitrine, um das Kuchen- und Tortenangebot  Flanierstock Lo Graf von Blickensdorf Hotel Adlondes Tages zu studieren. Ein Törtchen fiel mir besonders ins Auge: „Siam Passion“ – so der klangvolle, fast biblische Name (7 Euro). Auf einem kleinen Schild erfuhr ich, dass es sich um das frisch gekürte Kempinski Dessert des Jahres 2014 handelte!
Beim Kellner mit seinen exzellenten Manieren bestellte ich neben dem Törtchen noch einen Cappuccino und wollte gerade eine bequeme Sitzecke mit schweren Polstermöbeln ansteuern, als eine gutaussehende, sonnengebräunte 15-köpfige Männergruppe aus einem arabischen Land mit weißen Tüchern auf dem Kopf nebst knöchellangem weißen Gewändern meinen Weg kreuzte. Sofort kam in mir ein leichtes Gefühl von Kölner Karneval hoch. Ein sehr beeindruckender Anblick! 
Hotel Adlon Lo Graf von Blickensdorf
Eine Torte unter der Decke? Nein -
nur eine Lampe.
Aber nun wollte ich unbedingt das Dessert des Jahres essen. Ich konnte es kaum erwarten! Formvollendet wurde es mir serviert. In weiter Ferne sah ich einen bekannten Sänger, dessen Name mir partout nicht einfallen wollte. Das war mir aber jetzt egal. Nun wurde es ernst. War die Auszeichnung „Dessert des Jahres“ wirklich gerechtfertigt? Ich nahm die Dessertgabel in die Hand und belegte sie mit einem Stück Tortengut und ließ sie langsam in meinen gräflichen Mund hineingleiten. Bereits der Duft erinnerte mich an einen herrlichen Palmenstrand in Khao Lak mit türkisfarbenem Wasser, eingerahmt von dschungelbewachsenen Hügeln. Meine Geschmackspapillen meldeten mir Passionsfrucht, Kokosnuss, Mango und Banane. Es schmeckte fruchtig und trotzdem leicht. Grandios! Ich kam zu dem Schluss, dass die Auszeichnung zu Recht bestand. 
Mit guter Laune verließ ich das berühmte Hotel und war heilfroh, dass ich den 87-Jährigen Herrn Genscher nicht so unglücklich umgelaufen habe, so dass er nicht zu Fall kam und sich nicht einen Oberschenkelhalsbruch zuzog. Womöglich wäre er dann hinterher daran verstorben. Nicht auszudenken! Dann wäre ich wahrscheinlich in die Geschichtsbücher eingegangen, als der Trottel, der die Schuld an dem Tod des ehemaligen Vizekanzlers und Außenminister hatte. Nein, das wollte ich nicht! Übrigens: der Name des Sängers ist mir bis heute nicht eingefallen. Dann war er wohl auch nicht so wichtig.

Hotel Adlon Kempinski, Unter den Linden 77, 10117 Berlin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen