Mittwoch, 11. Januar 2012

„Wer nicht genießt, wird ungenießbar.“

Johannisbeer Baiser bei Frau Behrens Torten
Das ist der Leitspruch von Frau Behrens Torten in der Wilmersdorfer Straße. Dem kann ich nur voll und ganz beipflichten. 
In der Tortenvitrine stehen amtliche Torten, wie sie in der Wirtschaftswunderzeit der 50er und 60er Jahre gerne von meiner Tante Friedchen gemacht wurden: Üppig in Form und Inhalt und mit allerbesten Zutaten. Auf ein paar Tausend Kalorien kam es nicht an. Ich schwankte zwischen der Nusstorte und der Johannisbeer-Baiser-Torte. Ich verzichtete auf die Nusstorte und wählte das Baiser-Stück, denn Nüsse sind ungeborene Bäume. 
Scherz beiseite. Als ich den kleinen Gastraum betrat, stellte ich fest, dass er brechend voll war. Ich fand nur einen freien Mini-Tisch. Ich legte ab, ließ mich dort nieder und wartete auf die Johannisbeer-Baiser-Torte. Leider stehen die Tische so eng zusammen, so dass man zwangsläufig das Intimspray der Nachbarin am Nebentisch riechen muss. Und der Geräuschpegel war zeitweilig so laut wie in einem orientalischen Basar kurz vor Basarschluß. Eine Tischnachbarin brüllte mir ins Ohr, dass es demnächst ein „TEFAL-Pfannen-Set für 17.99 Euro“ bei Penny gibt. Das war aber nicht für mich bestimmt sondern für ihre Freundin. Endlich kam meine bestellte Torte. Aufrecht und stolz wie es sich gehört stand sie auf einem schönen Blümchenkuchenteller. Die freundliche Bedienung stellte den Cappuccino und das von mir verlangte Glas Leitungswasser daneben.
Der Cappuccino war sehr gut und wurde in einer hübschen Tasse serviert, auf der „Heidi“ abgebildet war. Der Kaffee stammt nämlich aus der Schweiz und ein Teil des Erlöses geht an die Heidistiftung. Eine gute Sache. 
Nun widmete ich mich der Torte und kam ins Schwitzen. Nein, nicht weil die Größe der Torte mich an ein Schweizer Alpenpanorama erinnerte und mir Angst einflößte, sondern weil mein Katzentisch direkt an einem glühendheißen Heizkörper stand. 
Nachdem ich die erste Kuchengabel voller Torte im Mund spürte, vergaß ich für einen Wimpernschlag alles um mich herum. Die Mischung aus Eischnee und Johannisbeeren war wunderbar leicht und frisch wie eine Wolke im Frühling. Doch der Heizkörper strahlte so heiß und unerbittlich, da ist der Dampfkessel einer Lokomotive eine lauwarme Wärmflasche dagegen. Mir liefen kleine Schweißrinnsale in den Eterna-Hemdkragen und meine Nasenschleimhäute hätten es jederzeit mit einer 5000 Jahre alten ägyptischen Mumie aufnehmen können. Den Rest der Torte konnte ich leider nicht mehr richtig genießen, weil ich nun ungenießbar wurde. Da nutzten die beiden schönen Kronleuchter auch nichts mehr.
Den Leuten scheint es jedoch zu gefallen. Wie heißt es doch so schön? Alles Geschmacksache, sagte der Affe und biss in die Seife. 

Frau Behrens Torten, Wilmersdorfer Str. 96-97, 10629 Berlin

4 Kommentare:

  1. Heiße Sache so ein Katzentisch am Heizkörper. Schade um den schönen Baiser-Genuß.
    Hoffentlich liest Frau Behrens mit :-)

    Herzliches
    J.E.v.B.z.G.

    AntwortenLöschen
  2. Am besten hat mir gefallen, dass Du ungeborenes Leben geschützt hast!

    AntwortenLöschen
  3. konnte es mir lebhaft vorstellen! Ich glaube an dem Tisch saß ich auch schon mal! ;)

    AntwortenLöschen